Literatūra ISSN 0258-0802 eISSN 1648-1143

2024, vol. 66(4), pp. 23–38 DOI: https://doi.org/10.15388/Litera.2024.66.4.2

Der Roman Vilniusser Apokalypse (2022) von Viktor Denisenko im Kontext der christlichen apokalyptischen Überlieferung

Aleksej Burov
Lehrstuhl für Deutsche Philologie
Institut für Sprachen und Kulturen im Ostseeraum
Universität Vilnius
E-Mail: aleksej.burov@flf.vu.lt
https://orcid.org/0000-0002-6529-0315

Diana Ickovič-Zenovič
Lehrstuhl für Deutsche Philologie
Institut für Sprachen und Kulturen im Ostseeraum
Universität Vilnius
E-Mail: diana.ickovic-zenovic@flf.stud.vu.lt
https://orcid.org/0009-0009-1839-1162

Abstract. Im Fokus des Aufsatzes steht der 2022 von Viktor Denisenko veröffentlichte Roman Die Vilniusser Apokalypse. Mit dem vorliegenden Artikel wird das Ziel verfolgt, das im Roman geschilderte Sujet im Kontext der christlichen apokalyptischen Tradition zu analysieren. Für diese Zwecke werden die im Werk von Denisenko festgestellten apokalyptischen Motive und Figuren einer vergleichenden Analyse unterzogen. Die Untersuchung hat erwiesen, dass im Roman intensiv auf Elemente der christlichen Apokalyptik zurückgegriffen wird. Dabei erfahren die festgestellten Motive und Figuren im Rezeptionsprozess eine erhebliche Transformation sowohl auf der formalen als auch auf der inhaltlichen Ebene. Die Analyse hat außerdem gezeigt, dass die Thematisierung des Weltuntergangs im Roman ohne Berücksichtigung seines transzendenten Ausmaßes erfolgt. Im dargestellten Szenario figuriert die Apokalypse lediglich in der Bedeutung von einer weltimmanenten ´Krise´ bzw. ´Katastrophe´. Die vorgenommene Analyse erlaubt die Schlussfolgerung, dass die im Roman vorgeschlagene Interpretation des Weltuntergangs der christlichen apokalyptischen Überlieferung fremd ist und nicht als ihr Bestandteil betrachtet werden kann.
Schlüsselwörter: apokalyptisches Narrativ, Vilniusser Apokalypse, Denisenko

Viktor Denisenko’s Novel The Vilnius Apocalypse (2022) in the Context of the Christian Apocalyptic Tradition

Abstract. This article focuses on Viktor Denisenko’s novel The Vilnius Apocalypse, published in 2022. It aims to examine the relationship between the novel’s plot and the Christian apocalyptic tradition, which gained its form in the High Middle Ages. To achieve this, a comparative analysis of the apocalyptic motifs and figures found in the narrative is carried out. The study suggests that the author makes extensive use of the elements of the Christian apocalyptic narrative, which undergo a transformation in the process of reception in terms of both form and content. The depiction of the end of the world in the novel does not reveal the transcendental aspect of apocalyptic thinking. Instead, in the narrative scenario the apocalypse is equated with a crisis and a large-scale catastrophe. The article concludes that the plot of The Vilnius Apocalypse cannot be considered as part of the Christian apocalyptic tradition.
Keywords: apocalyptic narrative, The Vilnius Apocalypse, Denisenko

Viktoro Denisenko romanas Vilniaus apokalipsė (2022) krikščioniškosios apokaliptinės tradicijos kontekste

Santrauka. Straipsnio dėmesio centre – 2022 m. išleistas Viktoro Denisenko romanas Vilniaus apokalipsė. Tyrimu siekiama nustatyti pasakojimo sąryšį su krikščioniškąja apokaliptine tradicija, galutinai susiformavusia brandžiųjų viduramžių laikotarpiu. Šiam tikslui pasiekti atliekama romane pasitelktų apokaliptinių motyvų ir figūrų lyginamoji analizė. Remiantis tyrimo rezultatais, galima teigti, kad kūrinyje intensyviai naudojami krikščioniškojo apokaliptinio naratyvo elementai, recepcijos procese patiriantys transformaciją formos ir turinio lygmenyse. Pasaulio pabaiga kūrinyje vaizduojama atsisakant apokaliptiniam mąstymui būdingo transcendentiškumo aspekto, t. y. apokalipsė tapatinama su krize, didelio masto katastrofa. Straipsnyje daroma išvada, kad Vilniaus apokalipsėje plėtojamas pasakojimas negali būti laikomas krikščioniškojo apokaliptinio naratyvo dalimi.
Reikšminiai žodžiai: apokaliptinis naratyvas, Vilniaus apokalipsė, Viktoras Denisenko.

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Received: 17/10/2024. Accepted: 22/11/2024
Copyright © Aleksej Burov, Diana Ickovič-Zenovič, 2024. Published by Vilnius University Press
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution License, which permits unrestricted use, distribution, and reproduction in any medium, provided the original author and source are credited.

1. Einleitung

Das Motiv des Weltuntergangs ist ein integraler Bestandteil der christlichen Weltwahrnehmung (Rahner, 1997, S. 414–429). An sich stellt die Idee über die Endlichkeit der materiellen Welt kein Unikat dar und ist in zahlreichen Kulturen und Religionen vertreten.1 Das Besondere des jüdisch-christlichen Konzepts besteht allerdings in der Überzeugung, dass auch die Zeit als eines der Ergebnisse der göttlichen Schöpfungsaktes verstanden wird und daher endlich ist.2 Demgemäß wird der Weltuntergang, der aufgrund der Irreparabilität der existierenden Verhältnisse als das Unvermeidliche wahrgenommen wird, ein irreversibles und einmaliges Geschehen sein (vgl. Hörz, 1990, S. 85).

Nach Klaus Koch (1970, S.19–24) hat das apokalyptische Denken seinen Ursprung in den kanonischen und apokryphen Texten der jüdisch-christlichen Religion. Zu den bedeutendsten kanonischen Texten gehören Das Danielbuch (2. Jh. vor Chr.), Das Jubiläenbuch (2. Jh.), Der 2. Thessalonicherbrief (1. Jh.), Der 1. Johannesbrief (1. Jh.) sowie die synoptischen Evangelien nach Matthäus (24, 29–31), Markus (13, 24–27) und Lukas (21, 25–28). Dabei genießt die in der 2. Hälfte des 1. Jh. nach Chr. verfasste Offenbarung des Johannes3 einen besonderen Stellenwert.4 Die im Werk überlieferten Visionen trugen maßgeblich zur Entfaltung des apokalyptischen christlichen Konzepts bei.

Aber auch die Rolle der apokryphen Texte für den Entwicklungsverlauf der Apokalyptik sollte nicht unterschätzt werden. Nach Hans-Peter Kursawa wurden die christlichen eschatologischen Vorstellungen über Jahrhunderte hinweg durch die in solchen Texten wie Das syrische Baruch-Buch (1. Jh.), Das 4. Esra-Buch (1. Jh.), Die Offenbarung des Petrus (2. Jh.), Die koptische Offenbarung des Elias (3. Jh.) und Die syrische Offenbarung des Daniels (7. Jh.) überlieferten Inhalte geprägt (vgl. Kursawa, 1976, S. 21–38).

Mit der Entstehung der volksprachlichen Dichtungen im Mittelalter fand das apokalyptische Gedankengut Eingang in die schöngeistige Literatur. Eben im Zeitraum vom 9.–16. Jh. werden die bedeutendsten Denkmäler der apokalyptischen Literatur im deutschsprachigen Raum wie das Muspilli-Lied (um 870), Linzer Antichrist (um 1170), das sog. Hamburger Jüngste Gericht (2. Hälfte des 12. Jh.), die geistlichen Poeme Antichrist und Das Jüngste Gericht von Frau Ava (1. Hälfte des 12. Jh.), Gottes Zukunft Heinrichs von Neustadt (2. Hälfte des 13. Jh. ), Die Apokalypse Heinrichs von Hesler (um 1260), St. Galler Weltgericht (um 1350), Münchner Weltgerichtsspiel (1510) und viele andere verfasst.

Das Motiv des allumfassenden Weltuntergangs hat auch in der modernen Literatur weder an seiner Attraktivität noch – in Angesicht des nicht mehr zu leugnenden Klimawandels und seiner Folgen – an Aktualität gebüßt. Viele zeitgenössische Autor*innen lassen sich durch apokalyptische Denkmodelle und Visionen inspirieren, darunter Frank Schätzig (Der Schwarm, 2004), Thomas Glavinic (Die Arbeit der Nacht, 2006), Michael Tietz (Rattentanz, 2010), Peter Zimmermann (Apokalypse, 2015–2016) und andere. u. a.

Litauische Autor*innen thematisieren ebenfalls in ihren Werken Motive, die auf das jüdisch-christliche apokalyptische Gedankengut zurückgehen. Dabei scheint das Motiv des Weltuntergangs insbesondere für die literarische Verarbeitung der nationalen Katastrophen des 20. Jh. geeignet gewesen zu sein. So greift Antanas Baranauskas (1835–1902) auf das Motiv der zerbrechenden Sonne zurück, indem er den Verlust der staatlichen Unabhängigkeit Litauens zum Thema seines Gedichtes Trupanti Saulė (Zerbrechende Sonne) macht. Jonas Aistis (1904–1973) (Imago mortis, 1934), Bernardas Brazdžionis (1907–2002) (Ženklai ir stebuklai / Die Zeichen und Wunder, 1936), Vincas Mykolaitis-Putinas (1893–1967) (Vivos plango, mortuos voco, 1941) wenden sich gleichfalls den apokalyptischen Sprachbildern zu, um ihrer Einstellung zum Totalitarismus in Europa Ausdruck zu geben.

Auch Almis Grybauskas (geb. 1947) bedient sich im Gedicht Dvyliktoji naktis (Die zwölfte Nacht, 1991) des apokalyptischen Topos, um über die Ereignisse am 13. Januar 1991, als beim Angriff der sowjetischen Truppen auf den Fernsehturm in Vilnius 14 Menschen getötet und Hunderte verwundet wurden, zu berichten (vgl. Čiočytė, 2013, S. 290–299). Nach Silvija Rakutienė lässt sich der Einfluss der apokalyptischen Realitätswahrnehmung in den Gedichtsammlungen Žalio gintaro vėriniai (Die Ketten aus dem grünen Bernstein, 1988) und Septynių vasarų giesmės (Lieder der sieben Sommer, 1991) von Sigitas Geda (1943–2008), den Gedichtsammlungen Bokštai (Die Türme, 1996) und Elgetaujanti saulė (Die bettelnde Sonne, 1998) von Ona Baliukonytė (1948–2007) sowie in der Poesie von Sigitas Parulskis (geb. 1965), Aidas Marčėnas (geb. 1960), Gintaras Grajauskas (geb. 1966) und Eugenijus Ališanka (geb. 1960) feststellen (Rakutienė, 2012, S. 97).

Unter den litauischen Prosaschriftsteller*innen sind in erster Linie die Werke von Jurga Ivanauskaitė (1961–2007) Pakalnučių metai (Das Jahr der Maiglöckchen, 1985), Kaip užsiauginti baimę (Wie man die Angst kultiviert, 1989), Algis Kuklys (geb. 1950) Apokalipsė (Apokalypse, 2010), Jaroslav Melnik (geb. 1959) Pasaulio pabaiga (Der Weltuntergang, 2006) und Gintaras Beresnevičius (1961–2006) Paruzija (Parusie, 2005) zu erwähnen. In ihren Romanen stellt die Idee des naherückenden Endes – sei es auf der individuellen oder auf der universalen Ebene – eine Grundlage des Erzählstoffes dar.

Trotz der evidenten Präsenz des apokalyptischen Gedankenguts in der litauischen Literatur bleibt seine Erforschung ein relativ unerforschtes Gebiet. Die von Silvija Rakutienė (2012) und Dalia Čiočytė (2013) veröffentlichten Studien zur Rezeption des apokalyptischen Stoffes in der litauischen Literatur bleiben bis heute die bedeutendsten wissenschaftlichen Arbeiten auf diesem Gebiet.

Mit dem vorliegenden Aufsatz wird der Versuch unternommen, zur Erforschung der Rezeption des apokalyptischen Denkens in der modernen litauischen Literatur beizutragen. Dies erfolgt am Beispiel des 2022 von Viktor Denisenko (gebr. 1981) verfassten Romans Vilniaus apokalipsė (Vilniusser Apokalypse). Die Untersuchung soll Antworten auf die Fragen liefern: (1) welche apokalyptischen Motive werden in diesem ersten litauischen Zombie-Roman thematisiert? (2) Wie erfolgt die Rezeption der festgestellten apokalyptischen Motive bzw. Figuren in Bezug auf ihre Form und ihren Inhalt? (3) Erleben die festgestellten Motive und Figuren eine gewisse Transformation im Hinblick auf die christliche apokalyptische Überlieferung? (4) Kann der Roman von Denisenko als Teil des modernen christlichen apokalyptischen Narrativs betrachtet werden?

Die für die vorgenommene Untersuchung gewählte methodologische Vorgehensweise sieht drei Etappen vor. In der ersten Phase wird der Roman im Hinblick auf apokalyptische Motive (Kap. 2.1 und Kap. 2.2) untersucht. Dabei soll geklärt werden, was das von Denisenko erzählte Zombie-Sujet zu einem apokalyptischen Roman macht. Die Autor*innen des vorliegenden Aufsatzes vertreten den Standpunkt, dass die christliche apokalyptische Überlieferung – trotz ihres offensichtlichen Facettenreichtums – eine gewisse konzeptionelle Einheit von Vorstellungen, Wahrnehmungen und Erwartungen darstellt. Als Beweis dafür fungieren im Aufsatz zahlreiche Referenzen auf die apokalyptischen Texte des Mittelalters, darunter auf das Muspilli-Lied (um 870), Das Jüngste Gericht von Frau Ava (2. Hälfte des 12. Jh.), Den Linzer Antichrist (1147), Die Gottes Zukunft Heinrichs von Neustadt (Ende des 13. Jh.) sowie auf die Prosadichtung des Passauer Anonymus Vom Antichrist (2. Viertel des 15. Jh.)5. Diese Referenzen dienen neben den Hinweisen auf die kanonischen Texte des Alten und des Neuen Testaments dem Ziel, die Kontinuität und Reliabilität einiger apokalyptischer Vorstellungen zu untermauern. Es soll daher nachgefragt werden, auf welche der apokalyptischen Motive Denisenko zurückgreift und wie er sie rezipiert. Im weiteren Schritte wird nach der Verankerung der ausgewählten Figuren des Romans in der christlichen apokalyptischen Überlieferung gefragt (Kap. 2.3). Dabei sollten die ausgewählten Figuren im Hinblick auf ihre Form, Funktion und ihren Inhalt untersucht werden. In der abschließenden Etappe wird man sich mit der Frage auseinandersetzen, ob das im Roman geschilderte Szenarium – insbesondere sein Finale – ja gar als ein Weltuntergang interpretiert werden kann (Kap. 2.4).

2. Apokalyptische Motive im Roman Vilniaus apokalipsė von Viktor Denisenko

Im Fokus des Sujets von Vilniaus apokalipsė befindet sich die Stadt Vilnius nach der Verbreitung eines nicht näher präzisierten Virus, das die angesteckten Menschen im Laufe einer kurzen Zeit zu Zombies umwandelt. Das Geschehen wird aus der Perspektive des Protagonisten namens Vladas geschildert (Denisenko, 2022, S. 11). Vladas ist ein dreißigjähriger Mann, der nach dem philologischen Studium als Übersetzer tätig war und der kurz vor der Katastrophe einen Misserfolg in seinem Privatleben erlebte. Aufgrund fehlender Mittel und einer gescheiterten Beziehung zieht Vladas in eine billige Wohnung ohne Fenster im Erdgeschoss ein. Später wird sich herausstellen, dass die Wahl der Wohnung Vladas die Chance gegeben hatte, gerade am ersten Tag die Begegnung mit den Zombies zu vermeiden und dementsprechend am Leben zu bleiben. Nichtsdestotrotz wird Vladas wenige Tage später gezwungen, seinen sicheren Unterschlupf zu verlassen, um nach Nahrung zu suchen. Das Bedürfnis nach Nahrung stellt im Roman von Denisenko eine Grundlage für den Erzählstoff dar, der hauptsächlich aus der Schilderung zahlreicher Begegnungen Vladas‘ mit Zombies sowie den noch nicht infizierten Menschen, die teilweise als deutlich gefährlicher geschildert werden, besteht. Einen wichtigen Teil des Werkes bilden die inneren Dialoge Vladas‘ über den Sinn des Lebens unter neuen Bedingungen mit seiner imaginären Freundin Laura sowie reale Gespräche mit Andrius, einem in der Zombie-Welt erfahrenen Mann, den Vladas während eines seiner Streifzüge durch die Stadt kennenlernt. Den Wendepunkt des Sujets markiert die Begegnung Vladas‘ mit dem Militär, das im Text als die einzige Stabilität bringende Instanz geschildert wird und das sich um die Wiederherstellung der alten Ordnung kümmert. Die Handlung endet überraschenderweise positiv: In vielen Vierteln der Stadt wird die Ordnung dank der Maßnahmen des Militärs wiederhergestellt und Überlebende versuchen, auch ihr Privatleben neu zu organisieren. Im Weiteren wird der Versuch unternommen, das kurz skizzierte Sujet in Hinblick auf die apokalyptische Tradition zu untersuchen.

2.1. Zur Schilderung der Vorzeichen des Weltuntergangs im Kontext der apokalyptischen Überlieferung

Die apokalyptische Tradition legt großen Wert auf die Schilderung der sog. Vorzeichen des Weltunterganges. Dabei handelt es sich primär um verschiedene Katastrophen, die signalisieren sollen, dass das Ende der Welt nahe ist. So erwartet Evangelist Markus kurz vor dem Weltende zahlreiche Kriege (Mk 13,7), Erdbeben und Hungersnöte (Mk 13,8), Verfolgungen der Gläubigen (Mk 13,9–13) und Verwüstungen der heiligen Stätten (Mk 13,14). Im Evangelium nach Matthäus wird das Bild der Vorzeichen präzisiert, indem zahlreiche Naturkatastrophen wie die Verfinsterung der Sonne und des Mondes sowie das Fallen der Sterne (Mt 24,29) prophezeit werden. Lukas erweiterte seinerseits die Serie der zu erwartenden Katastrophen durch das Toben des Meeres (Lk 21,25) und das Kommen des Menschensohnes mit großer Macht und Herrlichkeit auf einer Wolke (Lk 21,27). Zahlreiche Vorzeichen überliefert außerdem die Offenbarung, darunter vier apokalyptische Reiter (Off 6,2–8), ein großes Erdbeben, die Verfinsterung der Sonne, das Rotwerden des Mondes (Off 6,12), das Fallen der Sterne (Off 6,13) sowie des Feuers mit Blut auf die Erde (Off 8,7), das Kommen der schrecklichen Kreaturen (Off 9,2–4) sowie die Ankunft des Satans in Gestalt eines roten Drachen (Off 12,1–14,5).

Auch im Mittelalter war die Darstellung von Vorzeichen des Weltuntergangs ein wichtiger Bestandteil der apokalyptischen Erzähltradition. So erwartete der unbekannte Autor des um 870 verfassten Muspilli-Liedes vor dem eigentlichen Gericht eine allumfassende Naturkatastrophe, die durch das Feuer verursacht wird. Der Text schildert ein in der apokalyptischen Tradition unbekanntes Szenarium: Der verheerende Brand entsteht infolge des Zweikampfes zwischen dem Antichrist und dem Propheten Elias:

so daz Eliases pluot in erda kitriufit,
so inprinannt die perga, poum ni kistentit
enihe in erdu, aha art artruknent.
muor varsuuilhit sih, suilizot lougiu der himil,
mano uallit, prinnit mittilagart,
sten ni kistentit, uerit denne stuatago in lant,
uerit mit diu uuiru uiricho uuison:
dar ni mac denne mak andremo helfan uora demo muspille.
6

Auch Frau Ava liefert in ihrem Gedicht Das Jüngste Gericht das detaillierte Szenarium des Endes, das die Dichterin in fünfzehn Tage einteilt: An den ersten vier Tagen wird man viele Wunderzeichen am Wasser sehen (V. 15–46); am fünften Tag werden Vögel gegeneinander kämpfen und danach sterben (V. 47–58); am sechsten Tag wird sich der Himmel rot färben und es passieren viele Wunder an der Sonne und am Mond (V. 59–66); der siebte Tag wird durch starke Winde und Gewitter markiert (V. 67–76); am achten Tag geschehen Erdbeben (V. 81–88); am neunten Tag werden die Steine in vier Teile zerfallen (V. 89–93); am zehnten Tag werden die Schlösser, Berge und Schutzmauern zerfallen (V. 97–104); am elften Tag werden Gold, Silber und andere Kunstwerke zerstört (V. 105–118); am zwölften Tag beginnen alle Tiere zu klagen (V. 119–126); am dreizehnten Tag findet die Auferstehung der Toten statt (V. 127–131); am vierzehnten Tag verlieren die Menschen den Verstand (V. 135–142); am fünfzehnten Tag stirbt alles Leben und die Welt wird durch das Feuer gereinigt (V. 147–160).

Im Gegensatz zu der oben geschilderten apokalyptischen Tradition verzichtet Denisenko in seinem Roman auf die Thematisierung der Vorzeichen. Ganz im Gegenteil: Im Text wird der Aspekt der Plötzlichkeit hervorgehoben:

Später dachte Vladas oft, dass es unmöglich sei, das Ende der Welt vorherzusehen. Es lässt sich nicht sagen, wann die Welt noch „normal“ ist und wann nicht mehr. Diese Grenze ist zu weit. Es kommt einfach der Moment, in dem einem klar wird, dass die normale Welt nicht mehr existiert und dass dies weder heute noch gestern passiert ist. (Denisenko, 2022, S. 39)7

Die Analyse des Romans hat erwiesen, dass im Text von Denisenko keine der apokalyptischen Tradition bekannten Vorzeichen wie große Konflikte, Hungersnöte und Heuschreckenplagen, fallende Sterne, Sonnenfinsternisse oder ähnliche astronomische Phänomene thematisiert werden. Denisenko greift lediglich auf ein einziges Vorzeichen, das allerdings einen allumfassenden Charakter trägt, zurück. Es handelt sich um die Epidemie:

Klar ist nur, dass die Quellen [der Infektion] auf verschiedenen Kontinenten lagen – das ist der Grund, warum sich die Infektion und die Epidemie so schnell über die Welt verbreitet hatten. Sehr schnell. (Denisenko, 2022, S. 40)8

Über die anrückende Katastrophe, die sogenannte Zombie-Apokalypse, erfährt Vladas aus den Medienberichten:

Alles begann aus der Ferne – mit Medienberichten. Vladas achtete zunächst nicht darauf – sie ähnelten zu sehr der pseudojournalistischen Einschüchterung. Geschichten über die Verbreitung mysteriöser Kreaturen (Zombies, lebende Tote, weil diese Menschen in vielerlei Hinsicht tot waren) gelangten jedoch recht schnell aus den Klatschkolumnen in die Mainstream-Nachrichten und setzten sich schließlich durch. (Denisenko, 2022, S. 40)9

Die Boulevardpresse im Roman erfüllt die gleiche Funktion wie die Propheten in den biblischen Texten – sie warnen vor der drohenden Katastrophe, aber am Anfang glaubt ihnen niemand (vgl. Tilly, 2012, S. 20–21).

Als ein zweites Vorzeichen der anrückenden Katastrophe lässt sich im Roman der Zusammenbruch Vladas‘ Beziehung mit seiner Frau interpretieren. Die gewählte Wortwahl weist deutlich darauf hin, dass der Protagonist sein persönliches Unglück als Bestandteil der globalen Katastrophe wahrnimmt:

Vladas‘ Welt begann etwas früher zusammenzubrechen als der Rest der Welt. Es ist ziemlich ironisch, am Vorabend der globalen Apokalypse seine eigene persönliche Apokalypse erlebt zu haben. (Denisenko, 2022, S. 11)10

Wenig später erkennt Vladas, dass sein Leben bereits im Moment der Trennung von seiner Frau einen gewissen negativen Wandel erlebt hatte:

Alles geht bergab. Als ich meine Frau verließ, begann alles bergab zu gehen... – sagte Vladas zu sich selbst. (Denisenko, 2022, S. 15)11

Nach den christlichen apokalyptischen Vorstellungen wird das Endzeit-Ereignis zwei Ebenen umfassen: Der Weltuntergang und das Jüngste Gericht über die Menschheit als Ganzes (universale Ebene) sehen grundsätzlich den Tod und das Gericht über jeden Einzelnen (individuelle Ebene) vor. Im Roman werden allerdings beide Ereignisse nicht in ein kausales Verhältnis zu einander gesetzt: Der persönliche Untergang Vladas‘ begann nicht infolge des allgemeinen Weltuntergangs, er stellte jedoch ein deutliches Vorzeichen der universalen Katastrophe, die auf Vladas und die ganze Menschheit zukam, dar. In Bezug auf diesen Aspekt distanziert sich das im Roman geschilderte Sujet von der apokalyptischen Überlieferung. Zwar gehört die Schilderung der schrecklichen Vorzeichen zum integralen Bestandteil vieler apokalyptischer Texte, sie bezieht sich jedoch ausschließlich auf die universale Ebene des Endzeit-Ereignisses. Als solche können im apokalyptischen Denkmuster verschiedene Naturkatastrophen, kosmische Kataklysmen oder große politische bzw. militärische Ereignisse fungieren. Demzufolge lässt sich der im Roman vorgenommene Einbezug der Ereignisse auf der individuellen Ebene wie die Scheidung Vladas‘ von seiner Frau und der damit verbundene Zusammenbruch seiner individuellen Welt zu den Vorzeichen des anrückenden universalen Untergangs als ein dem apokalyptischen Narrativ neuer und unbekannter Aspekt interpretieren.

2.2. Verlust des Verstandes als Merkmal des anrückenden Weltendes

Gemäß der christlichen apokalyptischen Tradition wird sowohl die gesellschaftliche Ordnung im Allgemeinen als auch das persönliche Leben der Einzelnen kurz vor dem Weltende aus den Fugen geraten. Laut dem Bericht der synoptischen Evangelien erwartet die Menschen ein universaler Kollaps der üblichen Verhältnisse. Infolge zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen sowie heimsuchender Naturkatastrophen erfahren die Menschen der Endzeit angesichts des unvermeidlichen Untergangs eine allumfassende Desorientierung. Die Welt der schreienden, weinenden, inadäquat handelnden Personen wird zum geläufigen Bild jener Zeit und damit zum Vorzeichen des nahen Endes (vgl. Lk 21, 1–26; Mt 24, 15–28; Mk, 1–23).

Die in den kanonischen Schriften überlieferten Bilder des Zustandes der Menschen der Endzeit fanden Eingang auch in die volksprachliche Literatur des Mittelalters. Nach Frau Ava ist am 14. Tag des Weltuntergangs sogar mit dem kompletten Verlust des Verstandes der am Leben gebliebenen Menschen zu rechnen:

An dem vierzehenten tage
sô wirt diu biterste chlage.
sô gênt diu liute alle ûz,
ir nebestêt neheinez in deme hûs.
si wuofent unde weinent
mit lûteme gescreie.
in dem selben dinge
sô zergênt in die sinne
.12

Ebenfalls im Roman von Denisenko wird der Verlust des Verstandes als ein aussagekräftiges Merkmal des Weltunterganges geschildert: Das Benehmen der Menschen, denen Vladas zufällig in der zerstörten Stadt begegnet, unterscheidet sich deutlich von der vorapokalyptischen Normalität und weist Merkmale des Verstandesverlustes auf. So wirft eine Frau Steine aus ihrem Fenster im dritten Stockwerk, mit dem Ziel, die wenigen vorbeiziehenden Passanten zu treffen. Ein namentlich nicht erwähnter Nachbar lauert Vladas in der Hoffnung auf, diesen aus seiner Wohnung zu vertreiben bzw. ihn zu töten. Das Bild einer verrückt gewordenen Welt wird durch die Beschreibung einer Bande von Kannibalen vervollständigt. Es handelt sich um eine Gruppe von Personen, die in der Stadt nach nicht infizierten Menschen Ausschau halten. Ihr Ziel ist das Fleisch, das nach dem Zusammenbruch der üblichen Ordnung zur Mangelware geworden ist. Vladas selbst beschreibt die Welt nach der Ausbreitung des Zombie-Virus als verrückt: „Es war einfacher, in dieser verrückten Welt für das persönliche Überleben zu sorgen, als zu versuchen, eine andere Person zu beschützen, wenn auch eine sehr wertvolle“ (Denisenko, 2022, S. 77)13. Das Gefühl der verloren gegangenen Normalität verlässt den Protagonisten nicht einmal am Ende des Romans: „Er hatte schreckliche Angst davor, ein Kind in diese verrückte Welt zu bringen.“ (Denisenko, 2022, S. 339)14

Als ein gewisser Prozess des Verstandesverlustes lässt sich außerdem der Zustand von Vladas klassifizieren, als er sich an seine ehemalige Freundin Laura erinnert. Sie beschäftigt seinen Geist, taucht in seinen Träumen auf und wird zu einer Art Obsession. Das Denken an sie hilft ihm, nicht aufzugeben und zu überleben. Nichtsdestotrotz gehört dieser Zustand zum Bereich geistiger Abweichung bzw. Täuschung. In einer Art geistiger Selbsttäuschung befinden sich auch zahlreiche Nicht-Infizierte, die den Glauben nicht aufgegeben haben, ihren infizierten Familienangehörigen zu helfen. Anstatt ihre Zombie-Verwandten zu töten, sperren diese Menschen sie daher in Kellern ein und füttern sie sogar, während sie auf ein Wunder warten:

Natürlich könnte ich Agnė dann fangen und sie in irgendeinem Keller einsperren. Man könnte verrückt werden und auf eine wundersame Erlösung warten. „Wir müssen warten, bis vielleicht Wissenschaftler – falls es überhaupt noch welche auf der Welt gibt – einen magischen Impfstoff erfinden, der Zombies in Menschen verwandelt“, argumentierte Andrius weiter. – Weißt du, dass dies vielen Menschen passiert ist? Der Verstand ist durcheinander, sie leben jetzt, halten ihre Verwandten-Monster eingesperrt, füttern sie sogar und warten auf ein Wunder. Manche glauben, dass Jesus bald vom Himmel herabsteigen wird, andere warten auf Außerirdische, ebenfalls von dort her. (Denisenko, 2022, S. 165)15

Dem oben angeführten Zitat lässt sich entnehmen, dass der Glaube an das Kommen Jesu im Roman als eines der Vorzeichen des Verstandesverlustes betrachtet wird und damit als ein Vorzeichen des eigentlichen Weltuntergangs gedeutet wird. Damit entfernt sich das von Denisenko geschilderte Szenarium von der christlichen apokalyptischen Überlieferung, die eher den Abfall vom Glauben als eines der Vorzeichen des anrückenden Untergangs thematisiert. So weist Paulus in seinem 2. Brief an die Thessalonicher darauf hin, dass „zuerst [vor dem Untergang] der Abfall von Gott kommen und der Mensch der Gesetzwidrigkeit offenbar werden, der Sohn des Verderbens, der Widersacher.“ (2 Thes 2, 2–4).

Die Zombies selbst symbolisieren in gewisser Weise auch den Verlust des Verstandes und der Persönlichkeit. Ein Zombie ist kein menschliches Wesen, sondern nur noch der Körper einer toten Person. Es ist eine Leiche, die infolge der Infizierung des Gehirns mit dem Virus motorische Funktionen sowie den Drang nach Essen beibehalten hat. Alles, worauf die „lebenden Toten“ reagieren, sind lebende Menschen, Geräusche, der Geruch von Blut. Dies sind die Reize, die einen langsamen Zombie dazu bringen, sich viel schneller und gezielter zu bewegen. Vladas‘ Konfrontationen mit Zombies zeigen, dass sie nicht in der Lage sind, Hindernisse zu überwinden, wenn sie ihnen in den Weg kommen. Der Grund dafür ist das Ausbleiben jeder Art von Intelligenz.

Aus dem oben Gesagten lässt sich schlussfolgern, dass das alte apokalyptische Motiv des Verstandesverlustes im Roman von Denisenko einer gravierenden Modifizierung unterzogen wird: Als Vorzeichen des anrückenden Endes behält das Phänomen seine Funktion auch in einem modernen apokalyptischen Szenarium. Im Hinblick auf seine Gründe wird jedoch das Phänomen des Verstandesverlustes mit einem neuen Inhalt gefüllt: Nur ein Teil der Menschheit – die Nicht-Infizierten – verlieren angesichts des nahen Untergangs und damit verbundenen Schreckens die Fähigkeit adäquat zu handelt. Für die Übrigen erfolgt dies allerdings aufgrund einer Infizierung.

2.3. Die Figuren der Endzeit im Roman von Denisenko

Nach den christlichen apokalyptischen Vorstellungen gehören nicht nur die Naturkatastrophen sowie die Zeichen am Himmel wie das Fallen der Sterne oder die Sonnen- bzw. Mondverfinsterung zu den eindeutigen Vorzeichen des nahen Endes. Als ein signifikantes Vorzeichen gilt das Auftreten bestimmter Figuren, die im Rahmen des Endzeitereignisses unterschiedliche Funktionen erfüllen werden. Die erste Gruppe der Figuren stellen laut der Offenbarung vier apokalyptische Reiter zu Pferde dar: der Krieg, die Pest, die Hungersnot und der Tod (Off 6, 2–7). Im apokalyptischen Bericht von Johannes übernehmen die Reiter die Rolle der Allegorien der nahenden Katastrophen. Auch im Roman von Denisenko wird auf dieses Sinnbild der Endzeit zurückgegriffen. Die Funktion der Endzeit-Reiter erfüllt im Text die sog. Apokalypse-Patrouille. Die Bezeichnung ´Patrouille´ stammt von Vladas und bezieht sich auf zwei uniformierte Männer, die in einem Polizeiauto durch die Stadt fahren. Dabei scheint die Wahl des Verkehrsmittels – ein Polizeiauto – kein Zufall gewesen zu sein: Gleich den Reitern aus der Offenbarung benutzt die Patrouille im Roman ein für das 21. Jh. geeignetes Fahrzeug, das in der von den Zombies überfallenen Stadt zum Symbol der Angst und des Todes wird. Die Ähnlichkeit zwischen den Reitern und der Patrouille ist offensichtlich: Ihre Mission besteht im Töten der am Leben gebliebenen Menschen. Im Unterschied zu den apokalyptischen Reitern, die im Auftrag von Gott wirken, scheint die Patrouille unabhängig von jeder höheren Gewalt zu agieren. Im Roman wird der Polizei der Endzeit noch ein besonderes Merkmal verliehen: Im Unterschied zu der apokalyptischen Überlieferung verfolgen die Polizisten ihre eigenen materiellen Ziele. Dazu gehört die Beschlagnahme von Geld und Lebensmitteln sowie die Erpressung von Nicht-Infizierten. Im Auftrag von Valdas werden sie sogar seinen Nachbar, der ihn bereits einige Male zuvor zu töten versucht hatte, umbringen (Denisenko, 2022, S. 199–201). Im Roman nehmen die apokalyptischen Reiter sogar die Gestalt einer Bande von Kannibalen an, die gerne ein Barbecue mit Menschenfleisch organisieren. Aus dem Gesagten lässt sich der Schluss ziehen, dass der Autor des Romans mit der Figur der Patrouille dem alten Motiv einen neuen, der Überlieferung einen unbekannten Inhalt verleiht.

Darüber hinaus sieht der Visionär der Offenbarung am Ende der Zeiten eine weitere Figur voraus: die mit der Sonne bekleidete Frau (Off 12, 1–6). Gemäß dem Bericht wird diese Frau von einem Drachen verfolgt. Bereits in der frühen Kirche gab es mehrere Interpretationsversuche, die Identität der allegorischen Figur der Endzeit-Frau festzustellen. Dabei haben sich laut Pelikan in der Lehre der Kirche zwei Deutungen etabliert: Entweder sieht man darin das Symbol der Endzeit-Kirche, die vom Antichristen verfolgt wird, oder schlicht die Jungfrau Maria (Pelikan, 1999, S. 41–42).

In seinem Roman greift Denisenko auch auf dieses Bild aus der Offenbarung zurück: Bei einem seiner Streifzüge außerhalb der Sicherheitszone begegnet Vladas in Jašiūnai, einer Vorstadt von Vilnius, einer jungen Frau namens Marina (Denisenko, 2022, S. 291–293). Gleich der Jungfrau aus der Offenbarung, die von einem Drachen verfolgt wird, flieht Marina, von Zombies verfolgt, schreiend Vladas entgegen. Gerettet und in die Sicherheitszone gebracht, heiratet Marina einige Weile später Vladas. Nichtsdestotrotz wird sie auch weiter vom unsichtbaren Drachen verfolgt: Als die Zeit der Entbindung kommt, stellt sich heraus, dass der noch nicht geborene Embryo bereits im Leibe seiner Mutter gestorben ist und in kurzer Zeit die Transformation zum Zombie erleben wird. Dank der rechtszeitigen Hilfe der Ärzte wird Marina – und damit die Hoffnung auf die Normalität – gerettet (Denisenko, 2022, S. 365–366).

Bemerkenswert ist auch die Rezeption der Figur des sog. Friedenskaisers im Roman von V. Denisenko. Nach Ehrich und Worm ist das Motiv des Endkaisers der apokryphen Überlieferung entsprungen (Ehrich u.a. 2019, S. 9–20). Nach den apokalyptischen Vorstellungen soll der Fürst des Friedens bzw. der Endkaiser die Christen vor dem Ende der Welt um sich versammeln, sie vor den Angriffen der feindlichen Stämme aus dem Osten schützen und in den Krieg gegen das Böse führen (Dinzelbacher, 2014, S. 125). Auch die volksprachliche Literatur des Mittelalters thematisiert die Figur des Endkaisers. So berichtet das um 1170 von einem unbekannten Autor verfasste Werk Linzer Antichrist oder Von den letzten Dingen über die Herkunft und die Herrschaft des Endkaisers kurz vor dem Weltuntergang:

Der Vranchin chunic einer,
doch er chume so eine,
doch er sul ze jungist chomin,
iedoch wirt er vernomin
ubir alle zware
die vor ime waren.
Rome unt Lateran
wirt im undertan,
unt alle diu riche
betwingit er gewaltecliche:
sie muozin im zins gebin.
Er sol saecliche lebin
In vil langim zite,
den fride gebirt er wite.
16

Außer dem zitierten Abschnitt aus dem Linzer Antichrist wurde das Motiv des Endkaisers in zwei weiteren volkssprachlichen Werken festgestellt: In der Gottes Zukunft Heinrichs von Neustadt (V. 5394–5461) und in der anonymen Prosadichtung Vom Antichrist (Kap. X, V. 909–939). Dies erlaubt anzunehmen, dass das Motiv eine relativ große Popularität in der christlichen apokalyptischen Literatur genossen hat.

Im Roman von Denisenko erlebt das oben geschilderte Motiv des Endkaisers eine wesentliche Transformation. Der Autor verzichtet auf die eine breite Rezeption in der apokalyptischen Überlieferung gefundene Figur im Einzelnen, jedoch nicht auf ihre Funktion: Es ist das Militär, das Vladas rettet, als er von bewaffneten Kannibalen verfolgt wird. Sie ist die Gewalt, die versucht, das ausgebrochene Chaos zu kontrollieren und die nicht infizierten Menschen zu retten. Im Unterschied zum apokalyptischen Endzeitkaiser tragen die Ziele und Aufgaben des Militärs im Roman jedoch keinen universalen Charakter. Die Auswahl der Kandidaten für die Rettung erfolgt eher nach dem Nutzenkriterium: Je nützlicher der Einzelne für die Gemeinschaft ist, desto größer sind seine bzw. ihre Chancen in eine der vom Militär geschützten Sicherheitszonen überführt zu werden und dementsprechend in der neuen Welt zu überleben. Dabei liegt die Entscheidung nicht bei den Betroffenen, denn das Angebot sieht keine Ablehnung vor.

Betrachtet man die Figur des Endzeit-Retters im Denisenkos Roman im Hinblick auf ihre Positionierung im Endzeit-Ereignis, stellt sich heraus, dass sie auch unter dieser Hinsicht einen wesentlichen Wandel erlebt hatte. Gemäß der apokalyptischen Überlieferung markiert die Herrschaftszeit des Endkaisers die letzte Etappe des Friedens vor der Übernahme der Macht durch den Antichrist und den damit beginnenden Weltuntergang. Das Militär im Roman taucht dagegen in der Mitte der durch den Ausbruch der Epidemie verursachten Wirrnis auf und bleibt bis zum Ende des Werkes die einzige Gewalt, mit der die Hoffnung auf die Überwindung des Untergangs verbunden ist.

2.4. „Und ich sah einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Off 21, 1)

Nach der christlichen apokalyptischen Vorstellung wird die Menschheit am Ende der Zeiten auf die letzte Probe gestellt, indem sie durch die Tätigkeit des Widersachers Christi, den Antichrist, versucht wird. Die Anfänge der Überlieferung über den Antichrist gehen auf die Prophezeiungen des Propheten Daniel (Kap. 12) sowie auf kanonische Schriften des Neuen Testaments, insbesondere auf 2 Thes 2,3–2,4, 1 John 2,18–2,22 und Off 13,1–8 zurück. Im Gegensatz zu seiner Mission – Wider-Sacher – war die Gestalt des Antichrist in der alten Kirche ziemlich umstritten und variierte zwischen einem dem Tier ähnlichen mythischen Wesen in der Darstellung der Offenbarung und einer menschlichen Person in den apostolischen Briefen.17 Einen wesentlichen Beitrag für die Entwicklung der Figur des Antichrist spielte außerdem die mündliche Überlieferung.18 Seine endgültige Gestalt gewann die Figur des endzeitlichen Widersachers jedoch im Frühen Mittelalter, nachdem seine „Biographie“ mithilfe des von Hippolytos von Rom (um 170–235) formulierten Anti-These-Prinzips19 um zahlreiche Tatsachen über seine Herkunft, Geburt, Machtergreifung, Herrschaft und den Untergang erweitert worden war. Gemäß den christlichen Erwartungen wird der Antichrist kurz vor dem Weltende entweder von Christus persönlich oder von einem der Erzengel besiegt. Sein Untergang markiert zugleich den Zeitpunkt des Übergangs in die endgültige Phase der Endzeit.

Denisenko verzichtet in seinem Roman auf die Figur des Endzeit-Widersachers. Die Funktion der Verkörperung des Bösen erfüllt das Virus selbst, das – im Unterschied zu den christlichen Erwartungen – weder ein Individuum ist noch nachvollziehbare Ziele wie die Machtergreifung oder das Abbringen vom Glauben verfolgt. Das Ziel des Virus ist lediglich seine biologische Verbreitung. Dabei stellt der Untergang der menschlichen Zivilisation nicht die vom Virus bewusst verfolgte Absicht, sondern eher eine ungeplante Nebenwirkung dar. Der Text liefert außerdem keinerlei Angaben in Bezug auf den Ursprung sowie das Wesen des tödlichen Virus. Im Fokus der Schilderung steht damit nicht das Virus selbst, sondern sein Nebenprodukt – der zum Zombie gewordene Mensch. Auch der triumphale Sieg über den Widersacher – ein beständiger Teil des christlichen apokalyptischen Mythos – bleibt aus: Am Ende des Romans erhält die Menschheit eine Hoffnung auf die Wiederherstellung der alten Ordnung. Dank der Übernahme der Kontrolle durch das Militär entstehen in den NATO-Staaten die ersten Sicherheitszonen, in denen die Menschen vor den Zombies, jedoch nicht vor dem Virus an sich, geschützt sind:

Die sicheren Zonen waren nur winzige Inseln des Friedens in einem Ozean aus Zombies und Menschen, die ihre Moral und ihren Glauben verloren hatten. Die wiederhergestellte Kontrolle über das Land war eher eine Illusion als eine Realität. (Denisenko, 2022, S. 313)20

Der Kampf gegen das Virus bleibt allerdings weiterhin auf der Tagungsordnung und sein Ausgang lässt sich im Roman – im Gegensatz zur apokalyptischen Überlieferung – eindeutig als offen definieren. Die ausbleibende Überwindung der Krise hat zur Folge, dass die dem Fall des Widersachers nachfolgenden Endzeit-Ereignisse wie das Jüngste Gericht (Off 14,6–20,15) und die Neuschöpfung (Off 21,9–22,5) im Roman von Denisenko nicht thematisiert werden. Die letzten Passagen des Romans vermitteln eine leichte Hoffnung auf eine Normalisierung der durch die Epidemie zerstörten Ordnung. Die neue Realität – die Sicherheitszonen – ist jedoch kein Triumpf des Guten über das Böse, sie stellen keine neue ideale Welt, sondern lediglich einen ersten Schritt zur ehemaligen – jedoch nicht essenziell neuen (Off 21, 1) – Wirklichkeit, dar.

Schlussfolgerungen

Die durchgeführte Untersuchung erlaubt zu schlussfolgern, dass Viktor Denisenko in seinem Zombie-Roman Vilniusser Apokalypse (2022) relativ intensiv auf das christliche apokalyptische Gedankengut zurückgreift. Dies ließ sich sowohl auf der Motiv- als auch auf der Figuren-Ebene des untersuchten Werkes feststellen. Die Analyse ausgewählter apokalyptischer Motive und Figuren hat allerdings erwiesen, dass diese im Roman einer essenziellen Modifizierung unterzogen werden. So entfernt sich Denisenko in seiner Darstellung der Epidemie von der in der apokalyptischen Überlieferung etablierten Vorstellung, wonach sie als ein gewisses Vorzeichen des anrückenden Untergangs interpretiert wird. Der Ausbruch der Zombie-Seuche fungiert im Text nicht als ein Vorzeichen, sondern als der Weltuntergang selbst. Als ein Vorzeichen der zukünftigen Katastrophe gilt im Roman dagegen das Scheitern der persönlichen Beziehung des Protagonisten mit seiner Frau. Auf diese Weise ersetzt Denisenko die in der apokalyptischen Überlieferung etablierte Erwartung der Vorzeichen auf der universalen durch die auf der individuellen Ebene. Auch das Motiv des Verstandesverlustes, das in den apokalyptischen Texten im Rahmen der Thematisierung des bevorstehenden Gerichts über die Guten und die Bösen dargestellt wird, erhält im Roman einen neuen Inhalt: Die Mehrheit der Menschen verliert ihren Verstand nicht aufgrund der Angst vor dem Urteil, sondern infolge der Infizierung durch ein nicht näher präzisiertes Virus, das die intelligenten Wesen zu Zombies umwandelt. Im Falle der Rezeption solcher Endzeit-Figuren wie die apokalyptischen Reiter, der Friedenskaiser oder die vom Drachen verfolge Jungfrau, die sowohl auf die kanonische als auch apokryphe Überlieferung zurückgehen, wurde festgestellt, dass sie nicht nur in Bezug auf ihre Form, sondern teilweise auch im Hinblick auf ihre Funktion im Endzeit-Ereignis transformiert werden. Die Analyse erlaubt außerdem die Schlussfolgerung, dass das im Roman geschilderte Finale der christlichen apokalyptischen Tradition grundsätzlich fremd ist. Die vom Militär eingerichteten Sicherheitszonen, in denen die Überlebenden vor den Zombies, jedoch nicht vor dem Virus an sich, geschützt werden, stellen nicht im Entferntesten die in der Offenbarung versprochene neue Welt (Off 21, 1) dar. Die neue Wirklichkeit der Protagonisten ist kein Triumph des Guten über das Böse, sondern ein Versuch, die alte und durch die Epidemie gefährdete Ordnung wiederherzustellen. Dementsprechend stellt die Zombie-Epidemie kein ultimatives Ende – solch eine Erwartung befindet sich im Kernbereich der christlichen Endzeitvorstellungen –, sondern eher eine der eventuellen Krisen bzw. Katastrophen, dar. Dies erlaubt zu schlussfolgern, dass das von Denisenko geschilderte Szenarium – trotz zahlreicher christlicher apokalyptischer Motive und Figuren im Roman, mit dem diese Eingang in die moderne litauische Fantasy-Literatur gefunden haben –, dem christlichen apokalyptischen Narrativ relativ fremd bleibt.

Quellen:

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Literaturverzeichnis

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  1. 1 Die Forschungsliteratur zu diesem Thema ist sehr umfangreich. Hier einige Hinweise auf die einschlägigen Werke: Assmann, 2006; Maier, 2003; Meid, 2007; Eliade, 1988; Dinzelbacher, 2014.

  2. 2 „Wenn aber jemand in seinen Phantasien sich in die sogenannten Zeiten vor der Schöpfung verliert und sich wundert, wie du, der allmächtige Gott […] vor der Erschaffung dieses so großen Werkes unzählige Jahrhunderte geruht hast, so möge er aufmerken und bedenken, wie unbegründet sein Verwundern ist. Denn wie war es möglich, dass unzählige Jahrhunderte vorübergehen konnten, wenn du […] sie nicht vorher geschaffen hattest? […] Denn eben diese Zeit hattest du geschaffen“. Augustinus, Bekenntnisse, Buch XI, Kap.13.

  3. 3 Weiter im Aufsatz: Offenbarung.

  4. 4 Die Datierung des Textes ist sehr umstritten, umfasst jedoch den Zeitraum von 70 bis 120 n. Chr. Mehr dazu: Satake, 2008, S. 53; Pagels, 2013, S. 14.

  5. 5 Sämtliche im Aufsatz analysierten Werke des Mittelalters entstammten der deutschsprachigen apokalyptischen Überlieferung. Ihre Wahl wurde sowohl durch die Sprache des vorliegenden Aufsatzes als auch im Hinblick auf dessen Zielgruppe – akademische Kreise im deutschen Sprachraum – bedingt.

  6. 6 Muspilli, V. 50–57: „so dass des Elias Blut auf die Erde tropft: / Dann brennen die Berge, kein einziger Baum bleibt stehen / auf der Erde, die Wasser trocknen aus, / das Moor verschlingt sich, die Flammen verbrennen den Himmel, / der Mond fällt herunter, es brennt der Erdkreis, / kein Stein bleibt bestehen, wenn der Sühnetag ins Land zieht, / er kommt mit Feuer, sucht die Menschen auf: / da kann kein Verwandter dem anderen helfen vor dem muspilli“.

  7. 7 Hier und weiter ist die Übersetzung aus dem Litauischen ins Deutsch von den Autor*innen des Aufsatzes. Original: Vėliau Vladas dažnai galvojo, kad pastebėti pasaulio pabaigos atėjimo neįmanoma. Negalima pasakyti, kada pasaulis dar „normalus“, o kada jo jau nebeliko. Ta riba yra pernelyg plati. Tiesiog ateina momentas, kai supranti, jog įprastas pasaulis nebeegzistuoja (ir kad nutiko tai ne šiandien ir ne vakar). (Denisenko, 2022, p. 39)

  8. 8 Aišku tik tai, jog židiniai buvo skirtinguose žemynuose – dėl šios priežasties užkratas ir epidemija taip greitai ir pasklido po visą pasaulį. Labai greitai. (Denisenko, 2022, p. 40)

  9. 9 Viskas prasidėjo iš tolo – nuo pranešimų žiniasklaidoje. Vladas pirmiausiai neatkreipė į tai dėmesio – jie buvo pernelyg panašūs į pseudožurnalistinius gąsdinimus. Tačiau istorijos apie paslaptingų padarų (zombių, gyvųjų numirėlių, nes pagal daugelį parametrų tie žmonės buvo mirę) plitimą gana greitai persikėlė iš paskalų rubrikų į pagrindines naujienas bei galiausiai jose įsitvirtino. (Denisenko, 2022, p. 40)

  10. 10 Vlado pasaulis pradėjo byrėti kiek anksčiau, nei tai nutiko su visu likusiu pasauliu. Gana ironiška visuotinės apokalipsės išvakarėse patirti savo asmeninę apokalipsę. (Denisenko, 2022, p. 11)

  11. 11 Viskas ritasi žemyn. Viskas pradėjo ristis žemyn kai palikau žmoną... – pasakė sau Vladas. (Denisenko, 2022, p. 15)

  12. 12 Frau Ava, Das Jüngste Gericht, V. 135–142: Am vierzehnten Tag / da kommt die bitterste Wehklage auf. / Da gehen die Leute alle hinaus, / keiner von ihnen bleibt im Haus. / Sie klagen und weinen / mit großem Geschrei. / Dabei schwinden ihnen / dann die Sinne.

  13. 13 Paprasčiau buvo rūpintis savo asmeninių išgyvenimu šiame beprotiškame pasaulyje, nei stengtis apsaugoti dar vieną, kad ir labai brangų žmogų. (Denisenko, 2022, p. 77)

  14. 14 Jį baugino mintis atvesti vaiką į šį išprotėjusį pasaulį. (Denisenko, 2022, p. 339)

  15. 15 Žinoma, galėjau tada pagauti Agnę ir užrakinti kokiame rūsyje. Galima buvo išprotėti ir laukti kokio nors stebuklingo išsigelbėjimo. Laukti, kad gal mokslininkai – jeigu jų dar liko pasaulyje – išras kokią nors stebuklingą vakciną, kuri atvers zombius į žmones, ‒ toliau samprotavo Andrius. – Ar žinai, kad daug kam taip ir nutiko? Protas pasimaišė, gyvena dabar laikydami užrakintus savo gimines-pabaisas, dar net maitina juos, laukia stebuklo. Kai kurie tiki, jog tuoj Jėzus iš dangaus nusileis, kiti ateivių laukia iš ten pat. (Denisenko, 2022, p. 165)

  16. 16 Linzer Antichrist, V.139–170: Einer der Frankenkönige, / wenn er auch später kommt, / wird doch zuletzt kommen. / Jedoch wird er erhoben / über alle, / die vor ihm waren. / Rom und Lateran / werden ihm untertan, / und alle Reiche / bezwingt er gewaltig; / sie müssen ihm Zins geben. / Er wird lange Zeit / glücklich leben; / Frieden erzeugt er weiterhin.

  17. 17 Konrad,1964, S. 71.

  18. 18 Bousset, 1895, S. 59.

  19. 19 Die sog. Anti-These-Prinzip formulierte Hippolytus von Rom in seinem Werk Das Buch über Christus und den Antichrist.

  20. 20 Saugumo zonos buvo tik menkos ramybės salelės zombių ir moralę bei tikėjimą praradusių žmonių vandenyne. Atkurta šalies kontrolė buvo labiau iliuzija, nei realybė. (Denisenko, 2022, p. 313)