Peter Handke, einer der bekanntesten österreichischen Schriftsteller, wurde mit seinen frühen Werken zu einem wichtigen Vertreter sprachexperimenteller Literatur. Seine Werke formulierten die Kritik an den traditionellen literarischen Formen in Lyrik, Prosa und Drama sowie den damit verbundenen Erwartungshaltungen der Leser bzw. Zuschauer. Er stellte in seiner Bühnentheorie und Praxis am einfallsreichsten die geschlossene Form der idealistischen Illusionsdramaturgie in Frage und provozierte dadurch extreme Reaktionen. Mit der Negation aller transliterarischen begrifflichen Systeme suchte Handke eine poetische Erkenntnis zu begründen. Die handkeschen literarischen Thesen der 60er Jahre dokumentieren auch einen Wandel, der seit den 1970er Jahren zum Auftreten einer neuen vielgestaltigen theatralen Diskursform tendierte.
In dem vorliegenden Artikel versucht man die ästhetischen und theoretischen Erwägungen Handke‘s zu aktualisieren und anhand seiner Dramen zu veranschaulichen. Im Sprechstück Publikumsbeschimpfungthematisiert Handke formale Elemente des Dramas und das Theater als Institution sowie das Instrumentarium der Theaterkritik mit dem Ziel, das Publikum zur Reflexion über seine Situation eben als Theaterpublikum anzuregen. Durch die Einbeziehung der Zuschauer in das theatralische Geschehen wird die Veränderung des Verhältnisses von Bühne und Zuschauer inspiriert. In der Polemik mit Bertolt Brechts dramaturgischen und theoretischen/ästhetischen Anschauungen bleibt Brechts Modell der Verfremdung für Handke anregend.
Im Sprechstück Kaspar steht die Problematisierung der Individualität und die Ambivalenz der Sprache und ihrer Möglichkeiten im Mittelpunkt. So bemüht sich Handke festgefahrene Wahrnehmungs – und Denkformen zu unterminieren und Erkenntnisfunktionen und – strukturen von Sprache und Erfahrung festzustellen. Der Schriftsteller wandte sich gegen eine direkte gesellschaftliche Ausrichtung der Literatur und stellte dieser Auffasung seinen sprachlichen Ansatz gegenüber.